Das öffentliche Leben in Deutschland ist massiv eingeschränkt, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. Doch nicht alles ist verboten: Sputnik fasst für Sie zusammen, was weiterhin erlaubt ist, welche teils hohen Strafen verhängt werden können und welche Unterschiede es in den einzelnen Bundesländern gibt.
Nachdem Bund und Länder in der vergangenen Woche weitgehende Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie beschlossen haben, herrscht in weiten Teilen der Bevölkerung immer noch eine gewisse Orientierungslosigkeit: Was genau ist noch erlaubt, was ist streng verboten, welche Ausnahmen gibt es und wie hoch sind die Strafen bei einem Verstoß? Zunächst noch einmal die jüngsten Beschlüsse im Überblick:
Was bedeuten die offiziellen Beschlüsse?
Punkt 1 - Die Bürgerinnen und Bürger werden angehalten, die Kontakte zu anderen Menschen außerhalb der Angehörigen des eigenen Hausstands auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren. Was dieses Minimum bedeutet, ist nicht klar definiert. Wer also bei der Nachbarin einen Kaffee trinken gehen möchte, kann dies theoretisch machen, ebenso ist ein Angelausflug mit einem guten Bekannten so gesehen gestattet. Doch ein Treffen von mehr als zwei Personen, die nicht gleichzeitig verwandt sind oder zusammenwohnen, ist nicht erlaubt.
Punkt 2 - In der Öffentlichkeit ist, wo immer möglich, zu anderen als seinem Begleiter
seiner ein Mindestabstand von mindestens 1,5 Meter einzuhalten. „Besser zwei Meter",
sagte Kanzlerin Merkel. Diese Regelung besteht vor allem auf
freiwilliger Basis. Viele Supermärkte haben daraus bereits Konsequenzen
gezogen: In deren Filialen sind Abstandsmarkierungen auf dem Boden
angebracht und ein Nies- bzw. Hustenschutz vor den Kassierern
angebracht. Der Zutritt ist meist nur noch mit einem Einkaufswagen
möglich, da dann automatisch ein Abstand eingehalten wird.
Punkt 3 - Der Aufenthalt im öffentlichen Raum ist nur alleine, mit einer weiteren nicht im Haushalt lebenden Person oder im Kreis der Angehörigen des eigenen Hausstands gestattet. Also wie beschrieben: Mehr als zwei Menschen dürfen sich nicht zusammen draußen aufhalten – es sei denn es sind Menschen aus dem gemeinsamen Haushalt. Ausnahmen sollen gelten für Beerdigungen, die Nutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs, zwingend notwendige Zusammenkünfte aus gesellschaftlichen, beruflichen und dienstlichen sowie prüfungs- und betreuungsrelevanten Gründen.
Punkt 4 - Der Weg zur Arbeit, zur Notbetreuung, Einkäufe, Arztbesuche, die Teilnahme an Sitzungen, Hilfe für andere oder individueller Sport und Bewegung an der frischen Luft bleiben erlaubt. Aus den Regelungen einzelner Bundesländer geht hervor, dass auch Ehe- und Lebenspartner aufgesucht werden dürfen, mit denen man keine gemeinsame Wohnung teilt. Besuche in Krankenhäusern und Pflegeheimen sind durch die Landesregierungen weitgehend eingeschränkt oder sogar untersagt.
Punkt 5 - Gruppen feiernder Menschen auf öffentlichen Plätzen, in Wohnungen sowie privaten Einrichtungen „sind angesichts der ernsten Lage in unserem Land inakzeptabel", so Merkel. Verstöße gegen die Kontakt-Beschränkungen sollen von den Ordnungsbehörden sowie der Polizei überwacht und bei Zuwiderhandlungen auch sanktioniert werden. Im Blickpunkt dabei sind vor allem die so genannten „Corona-Partys“ von feiernden Jugendlichen, die zu Beginn der Krise vermehrt zu beobachten waren.
Punkt 6 - Gastronomiebetriebe werden geschlossen. Davon ausgenommen ist die Lieferung und Abholung mitnahmefähiger Speisen für den Verzehr zu Hause. Dabei stehen viele Restaurants vor einem Dilemma: Sie könnten zwar theoretisch offenhalten und ihre Speisen abholen lassen, doch viele Küchen bieten nicht genug Raum, um den Angestellten untereinander einen Mindestabstand von 1,5 Metern zu garantieren. Einige Fastfood-Ketten lassen ihre Drive-In-Schalter besetzt. Lieferdienste, wie Lieferando, suchen verstärkt nach Personal für Auslieferungen.
Punkt 7 - Dienstleistungsbetriebe im Bereich der Körperpflege wie Friseure, Kosmetikstudios, Massagepraxen, Tattoo-Studios und ähnliche Betriebe werden geschlossen. Medizinisch notwendige Behandlungen bleiben aber weiter möglich. Unklar ist, ob gelernte Friseure oder Tätowierer ihre Dienste für Freunde im privaten Haushalt anbieten könnten, bzw. wie Verstöße gegen diese Weisung geahndet werden. Eine Strategie zur Überprüfung seitens der Behörden fehlt.
Punkt 8 - In allen Betrieben und insbesondere solchen mit Publikumsverkehr ist es wichtig, die Hygienevorschriften einzuhalten und wirksame Schutzmaßnahmen für Mitarbeiter und Besucher umzusetzen. Auf Sputnik-Anfrage erklärten die Supermarkt-Ketten Lidl, Aldi-Süd und Edeka, sie hätten ihre Maßnahmen der aktuellen Krise angepasst. So gebe es beispielsweise einen erhöhten Vorrat an Seife und Desinfektionsmittel für die Bediensteten, sowie auch Firmenhotlines, bei denen sich Angestellte und Filialleiter über die Änderungen informieren können.
Vieles ist Auslegungssache…
Diese Regelungen sind sozusagen der kleinste gemeinsame Nenner, auf den
sich alle Bundesländer einigen konnten. Hinter den Kulissen soll es
einen handfesten Streit zwischen Bayerns Ministerpräsident Söder und
seinem NRW-Amtskollegen Laschet gegeben haben:
Der CSU-Chef habe drastischere Maßnahmen gefordert, der
NRW-Ministerpräsident habe abgewiegelt. Dennoch haben einzelne
Bundesländer ihre Beschlüsse teils härter formuliert.
So ist in Bayern, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und dem Saarland das Verlassen der häuslichen Unterkunft „ohne triftigen Grund untersagt". Während es in Baden-Württemberg beispielsweise nicht verboten ist, dass eine Frau ihre alleinstehende Nachbarin auf einen Kaffee in der Wohnung besucht, gilt das in Bayern nicht als triftiger Grund für ein Verlassen der Wohnung. In Baden-Württemberg dürfen sogar bis zu fünf Personen in einer Wohnung zusammenkommen. Echte Versammlungen oder Veranstaltungen sind aber auch dort verboten.
Hier erlaubt, dort verboten
Beim Sport an der frischen Luft machen die Länder ebenfalls
unterschiedliche Vorgaben. In Bayern darf man nur allein spazieren gehen
oder in Begleitung von Angehörigen, mit denen man zusammenwohnt.
Nordrhein-Westfalen ist da zum Beispiel großzügiger: Da darf man wie in
Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz noch zu zweit spazieren
gehen. Auch bei dem Thema Geburten und Entbindung gibt es
Unterschiede: Krankenhäuser sollen grundsätzlich nicht mit Besuchen
belastet werden. Aber Neugeborene in der Klinik nicht sehen zu dürfen,
kam der Sächsischen Landesregierung wohl zu strikt vor, sie erlaubt
engsten Angehörigen bis maximal fünf Personen in die Klinik zu kommen.
Die gesetzlichen Bestimmungen bezüglich einer Quarantäne in Deutschland finden sich in Paragraph 30 des Infektionsschutzgesetzes. Eine Nichteinhaltung der Quarantänevorschriften ist strafbar. Ein Corona-Infizierter oder -Ansteckungsverdächtiger, der gegen die Quarantäne verstößt und mit anderen Menschen in Kontakt tritt, nimmt laut Gesetz wissentlich das Risiko in Kauf, diese anzustecken. Das erfüllt dann den Tatbestand der vorsätzlichen Körperverletzung und wird mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft.
Von 200 Euro bis Gefängnis
Bei einem Verstoß gegen das generelle Kontaktverbot sind zwar nur in
Ausnahmefällen Gefängnisstrafen vorgesehen, empfindliche Geldstrafen
sind dennoch möglich. Dabei geht es um Beträge bis zu 5000 Euro, im
Wiederholungsfall bis zu 25.000 Euro. Nordrhein-Westfalen hat einen
Bußgeldkatalog entwickelt, an dem sich auch andere Bundesländer
orientieren. So kostet der Verzehr von Außer-Haus-Speisen im Umkreis von
50 Metern Nähe zum Restaurant oder Imbiss 50 Euro.
Zusammenkünfte von mehr als zwei Personen in der Öffentlichkeit, wenn nicht von besagten Ausnahmen gedeckt, kosten 200 Euro, das Picknicken und Grillen sogar 250 Euro. Der unerlaubte Besuch in Krankenhäusern oder Altenheimen wird mit 800 Euro Strafe geahndet, das Organisieren von unerlaubten Sportveranstaltungen, wie einem privaten Fußballtournier, kostet 1000 Euro, der Weiterbetrieb von Restaurants, Kneipen und Cafés 4000 Euro und der Weiterbetrieb von Fitness- oder Sonnenstudios sogar 5000 Euro. Eine öffentliche Ansammlung von mehr als zehn Personen kann im Extremfall auch zu einer Haftstrafe von bis zu fünf Jahren führen.
Bis auf Weiteres…
Alle Maßnahmen sollen eine Geltungsdauer von mindestens zwei Wochen
haben. etliche Landesregierungen, etwa von Bayern, Baden-Württemberg,
NRW, Brandenburg oder Hamburg wollen jedoch verschiedene Regelungen bis
zum 19. April gelten lassen – dem Ende der Osterferien. Dann werde
entschieden, ob eine Verlängerung bis Mai oder länger als notwendig
erachtet werde. Entscheidend ist dabei, ob sich die Kurve der
Neuinfektionen sich abgeschwächt haben wird.