Die SPD-Spitze rügt das Vorpreschen von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bei Ausgangsbeschränkungen wegen der Ausbreitung des Coronavirus. "Wer jetzt so tut, als kenne sie oder er das Patentrezept im Umgang mit dieser Situation, streut den Bürgerinnen und Bürgern Sand in die Augen", sagte SPD-Chef Norbert Walter-Borjans den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag). "Es wäre besser, wenn die Länder, wie vereinbart, mit der Kanzlerin abgestimmt handeln würden."
Die Ministerpräsidenten der Länder wollen am Sonntag in einer Schalte mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gemeinsam weitere Maßnahmen zur Eindämmung der Coronavirus-Ausbreitung sprechen. Bayern kündigte wie auch das Saarland bereits am Freitag Ausgangsbeschränkungen ab Samstag an, die Bürger dürfen ihre Wohnungen nur noch aus triftigen Gründen verlassen. Auch weitere Bundesländer beschlossen neue Maßnahmen zur Einschränkung des öffentlichen Lebens.
Es gebe offenkundig zu viele Bürger, die nicht in der Lage seien, "eine lebensbedrohende Gefahr von sich und anderen fernzuhalten", räumte Walter-Borjans ein. Jedoch müsse die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen gewahrt bleiben. Co-Parteichefin Saskia Esken warnte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe: "Das Verbot, die Wohnung zu verlassen, wäre eine besonders einschneidende Maßnahme. Sie würde die vielen Verantwortungsbewussten hart treffen, und den positiven stünden auch enorme negative Wirkungen gegenüber."
Auch Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel kritisierte das bayerische Vorgehen. "Mir wäre lieber, wenn die Bundesländer sich miteinander absprechen", sagte Gabriel am Freitagabend im "Bild"-Talk "Klartext". Seine große Sorge sei, "dass das jetzt auseinanderläuft".
Die Grünen-Bundesvorsitzende Annalena Baerbock bezeichnete es "kontraproduktiv", wenn der bayerische Ministerpräsident jetzt vorpresche. Söder habe den Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz inne und solle eigentlich koordinieren, sagte sie der "Welt".